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Leben 2.0 in und um München: So verändert uns das mobile Web
Von allen Seiten erklären „Netzspezialisten“, wie sehr die mobile Vernetzung unser Leben beeinflusst. Klar ist zwar: Kaum einer kann sich entziehen, aber wie genau greift das Web auch in unser Leben abseits des Browsers ein?
Wenn diese Zeilen gelesen werden, dann stehen die Chancen extrem hoch, dass es von einem Smartphone aus geschieht. Das mobile Internet hat mittlerweile nicht nur in München eine derartige Verbreitung, dass Experten sogar davon sprechen, man müsse die Bezeichnungen umdrehen: Also nicht mehr „Internet“ und „Mobiles Internet“, sondern „Internet“ und „Stationäres Internet“. Wer auf die Zahlen schaut, stellt schnell fest: So abwegig ist diese Forderung nicht, denn die Zahl der mobilen User läuft denen mit festem PC zuhause mittlerweile gehörig den Rang ab.
Quelle: statista.com
Das hat nicht nur mit den vielen WLAN-Hotspots zu tun, die sich in München finden, sondern auch mit den ganzen Applikationen, die Web und „Realwelt“ verschmelzen lassen. Das lässt nicht bloß Ladenöffnungszeiten in den Hintergrund treten, sondern ermöglicht auch noch viel mehr. Wie sehr wir dadurch beeinflusst werden, zeigt folgender Artikel.
1. Augmented Reality
Den in diesen Tagen wohl größten Hype mobilen Webnutzern verursacht die „erweiterte Realität“ bei Spielern – doch dazu später mehr. Schon als Internet-Gigant Google seine Brille „Google Glas“ herausbrachte, zeigte sich wie sich das Web nahtlos in das Leben integrieren lässt:
Die Brille kann nicht nur Videos aufnehmen, sondern auch unter anderem:
- Ein Navigationssystem einblenden
- Gespräche übersetzen
- Anrufe tätigen
- Spiele spielen
- Songs erkennen
- Sternbilder erkennen und erklären
Wer also mit der Google Brille auf der Nase nachts gen Himmel schaut (so er denn ob der Münchner Dauerbeleuchtung überhaupt Sterne erkennen kann), bekommt vom Gerät erklärt, auf welches Sternbild er gerade blickt.
Andere Datenbrillen werden mittlerweile sogar in der Industrie eingesetzt. So verwendet Volkswagen die Geräte in der Produktion: Dort zeigen die Brillen den Monteuren, wo sie welches Teil finden und können zudem noch weitere Daten einblenden und sogar richtige von falschen Teilen unterscheiden.
Und, um aufs Gaming zurückzukommen, hat es in diesen Tagen eine zwar weniger nützliche, dafür umso spaßigere Anwendung auf die Handys und Tablets geschafft und bringt vor allem die Jugend vollkommen aus dem Häuschen: Die Rede ist von Pokémon Go. Bei diesem Teil des Monster-Fang-Spiels geht es darum, sich nach draußen zu bewegen – das unterscheidet es von praktisch allen anderen Handy-Games.
Das Spielprinzip ist leicht: Via GPS-Verbindung erkennt das Spiel, wo man sich gerade befindet. Und an bestimmten Orten, „Pokéstops“, finden sich Pokémon-Monster, die es einzufangen gilt. Auf dem Handy blickt man via Kamera auf die Straße vor sich – bis eines der Monster in diese Realität eingeblendet wird. Es kann gefangen und anschließend zu Duellen mit anderen Spielern geschickt werden. Das Revolutionäre daran: Es koppelt die Webnutzung nicht mehr von der Realität ab, sondern integriert beide Elemente. Und wie das in München funktioniert, hat ein Kollege des Focus im Selbstversuch probiert.
2. Shopping
Angesichts der jahrelang steigenden steigenden Zahlen von Menschen, die Einkäufe online erledigen, werden sich jetzt vielleicht einige Leser die Frage stellen „was soll denn am online-Shopping so neu sein?“.
Und natürlich ist diese Frage berechtigt. Denn neu ist das Kaufen im Internet in der Tat nicht. Aber es ist das „Wie“, das hier unser Leben 2.0 definiert.
Normale Web-Einkäufe sind ja im Prinzip nichts anderes als der Bestellvorgang im Versandhaus-Katalog: Auch in München liefern die Paketdienste nur zu bestimmten Zeiträumen aus. Damit hat zwar der Web-Einkauf an sich zwar keine Öffnungszeit. Aber die Lieferung erfolgt erst Tage später – und das ist eine Langsamkeit, die so gar nicht in unsere schnelle Web-Welt passen will. Doch auch hier wandelt sich langsam das „Wie“. Bei normalen Päckchen und Paketen, die vom Händler via DHL versendet werden, funktioniert das über die Packstation.
Das ist im Prinzip nichts anderes als ein zentral gelegener Briefkasten. Mit einer PIN, die der Besteller zugesendet bekommt, kann er „sein“ Schließfach öffnen und das Paket entnehmen. Das koppelt den Web-Kauf zumindest vom Takt der Auslieferungsfahrten ab. Wer tagsüber keine Zeit hat, holt sein Päckchen eben abends ab. Aber: Damit besteht dennoch weiterhin das Problem, dass eine Bestellung nach wie vor einen mehrtägigen Zeitraum benötigt, bis sie beim Kunden eintrifft.
Einen Schritt weiter geht hier das Handelsunternehmen Rewe: Vor Münchens Toren in Fürstenfeldbruck hat der Supermarkt-Riese eine Abholstation eingerichtet. Was bislang noch ein einzigartiger Testballon ist, könnte bald ebenso für uns Routine sein, wie der Bestellvorgang bei Amazon und Co. Mit dieser Abholstation hebelt Rewe die klassische Ladenöffnungszeit aus, denn sie ist 24/7 geöffnet. Gleichsam werden Lieferfristen eliminiert, die den „normalen“ Onlinekauf noch einbremsen.
Der Kunde stellt einfach online seinen Warenkorb von Schokoeis bis Grillgewürz zusammen und lässt das Ganze in der Packstation zusammenstellen. Laut Rewe beträgt die Vorlaufzeit rund zwei Stunden. Danach kann der Einkauf an der Packstation abgeholt werden. Bezahlt wird vor Ort bargeldlos.
Das in diesem Shopping 2.0-Ideenreichtum auch Gigant Amazon nicht hintenan stehen will, ist klar. Die Amerikaner sind sich des Lieferproblems der Pakete bewusst und tüfteln schon seit Längerem ebenfalls an einer Direktlösung. Hier sollen Waren künftig per Drohne eingeflogen werden – spätestens eine halbe Stunde nach dem Klick auf den Bestell-Button.
Doch hat das „Prime Air“ genannte System momentan noch mit mehreren Haken zu kämpfen:
- Das Paketgewicht ist auf 2,5 Kilo beschränkt
- Der Besteller muss sich innerhalb von 15 Kilometern um die Versende-Station befinden
- Bei Kunden in Mehrfamilienhäusern ist die Lieferung noch nicht endgültig geklärt
- In vielen Ländern machen Gesetze und Luftfahrtbehörden die Idee schwierig, weil sie unter anderem verlangen, dass Drohnen nur auf Sicht geflogen werden dürfen
Vor allem letzteres bereitet vor allem in den normalerweise liberalen USA Amazon noch viele Probleme. Wie das System im gesetzlich restriktiveren Europa seine Nische finden wird, ist derzeit noch offen. Das bedeutet auch: Wer jetzt schon davon träumt, vom Fenster seiner Wohnung in Maxvorstadt mit ausgestreckten Armen das vor wenigen Minuten bestellte Fernglas vom „luftigen Lieferanten“ in Empfang nehmen zu können, muss sich wahrscheinlich noch einige Jahre gedulden.
3. Medienkonsum
Auch unser Konsumverhalten von Musik und Filmen hat sich durch das mobile Internet gewandelt. Und hier waren die Änderungen nur durch die im Vergleich zu früher massiv gestiegenen Datenraten möglich. Wer erinnert sich nicht noch an die frühen 2000er, als er über mehrere Tage hinweg einen Film herunterladen musste, nur um dann eine qualitativ äußerst fragwürdige Illegal-Aufnahme aus dem Kino vorgesetzt zu bekommen, in der die Zuschauerköpfe das Bild verdecken und jeder Lacher den Film übertönt?
Doch was damals die Filmindustrie Milliarden kostete – hier ein Blogartikel von 2006, ist heute ein ganz normaler Vorgang, der von überall ausgeführt werden kann: Wer heute in Münchens Parks sitzt, ist nur drei Fingerwische auf dem Touch-Display davon entfernt, ganz legal Filme und Serien streamen zu können. Das hat vor allem einen Vorteil: Langeweile, wie sie frühere Generationen noch kannten, wird es bald gar nicht mehr geben. An der Bushaltestelle oder in der Tram, überall ist es schon jetzt möglich, Filme zu konsumieren, Webradio zu hören. Selbst die selige Videothek, von der es in München einst hunderte gab, sitzt dank des Webs deshalb auf dem absterbenden Ast.
Und apropos Musik: In früheren Tagen gehörte es bei praktisch jedem Radiosender zum guten Ton, in regelmäßigen Abständen Hilfestunden einzurichten. Dort konnten die Zuhörer dann dem Moderator live Musikschnipsel vorsingen oder –summen, von denen sie weder Titel noch Interpret kannten – die armen Moderatoren versuchten dann, angesichts mehr oder weniger musikalischen Talents herausfinden, wie das Lied heißt und so den Hörer von einer oft langen Qual befreien.
Heute werden auch solche Probleme mit dem Fingerstrich übers Display weggewischt: Shazam heißt die Zauber-App. Einmal gestartet, nimmt sie das unbekannte Lied auf und gibt binnen Sekunden nicht nur seinen Titel, sondern auch Interpret und Album aus – und natürlich kann der Song auch postwendend gekauft werden.
Fazit
Das mobile Web ist in unserer Mitte angekommen und hat unser aller Leben dramatisch verändert oder zumindest das Potenzial, das noch zu tun. Das hat nicht nur eine Generation von Teens zu Folge, die als „Smombies“ auf ihre Smartphones starrend durch Münchens Straßen wandern, sondern eben auch eine ganze Menge Vorteile, die sich alle erst durch große Bandbreiten und die damit immer und überall verfügbaren Informationen realisieren lassen. Schon heute muss sich kein Tourist mehr in München verlaufen, kein Student mehr zwischen den Vorlesungen langweilen. Und auch, wenn im Web nicht alles Gold ist, was glänzt, überwiegen doch die Vorteile, die unser Leben sehr viel geschmeidiger machen.
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