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Spaßgesellschaft heute - Das Geschäft mit dem Adrenalinkick
Höher, schneller, weiter“ – Viele sind in der heutigen Zeit von der Vielfalt an Freizeitmöglichkeiten gelangweilt und suchen nach immer neuen Kicks. Die zunehmende Vernetzung durch das Internet macht Dinge möglich, die früher undenkbar waren. Als Ausgleich zur anonymen digitalen Welt ist der reale Adrenalinschub oftmals zur Sucht geworden. Das Geschäft mit dem käuflichen Rausch boomt.
Bungeejumping verschafft einen gehörigen Adrenalinkick. Und zudem ein Gefühl von Freiheit und Schwerelosigkeit. Bild: © Melinda Nagy, Fotolia
Um sich zwischen all den digitalen Berieselungsmöglichkeiten, den körperlich selten fordernden Jobs und der sicheren urbanen Umgebung mal wieder so richtig lebendig zu fühlen, bietet die Flucht in extreme Aktivitäten für viele eine willkommene Abwechslung. Wenn wir den ganzen Tag in der virtuellen Welt des Internets unterwegs sind, scheint es fast, als würden wir uns selbst auch immer mehr dematerialisieren. Als Ausgleich dazu versuchen viele, durch gesteigerte Aktivitäten ein Stück echtes Körpergefühl zurückzuerlangen. Eine Dosis Adrenalin verpasst Körper und Geist dann sozusagen einen Frischekick. Um dies zu erreichen gibt es heutzutage so viele unterschiedliche Möglichkeiten wie nie zuvor. Mehr noch, ein ganzer Wirtschaftszweig lebt inzwischen davon.
Ich will Spaß, ich will Spaß! ...
Der Alltag bietet heute nur noch wenige echte Herausforderungen. Das „echte Leben“ spielt deshalb oftmals in den Freizeitstunden statt. Diese Zeit mit so viel Spaß wie möglich zu verbringen, ist für einige zum obersten Gebot geworden. Angesichts der zahlreichen Krisen – ob in der Welt, im eigenen Land oder auch im eigenen Leben – spielt der Wunsch nach ein wenig Freude und positiven Erlebnissen eine große Rolle. Beim Feiern, Lachen oder verschiedenen Extremsportarten gelingt es, den Alltag hinter sich zu lassen und einmal wieder vollkommen abzuschalten.
Gerhard Schulze, ein deutscher Soziologe, hat dazu den Begriff der Erlebnisgesellschaft geprägt. Genießen und glückliche Momente zu erfahren stellt dabei den wichtigsten und erstrebenswertesten Lebensinhalt dar. Die Erlebnisgesellschaft charakterisiert sich durch die verschiedensten Punkte:
- Glückserlebnis als oberstes Ziel
- Individualerlebnis statt Gemeinschaftserlebnis
- Kurzfristige Bedürfnisbefriedigung durch immer neue Erlebnisse
Der Popsong aus den 80er Jahren bringt dieses Lebensgefühl mit wenigen Worten ziemlich genau auf den Punkt. Doch heute genügt das Rumbrausen mit dem Auto nicht mehr. Oder es wird ebenfalls extremer. Fallschirmspringen, Bungeejumping, Snowboarden im Tiefschnee abseits der Piste – Adrenalinjunkies von heute haben dies alles bereits hinter sich gelassen und suchen unaufhörlich nach neuen Kicks. Die Freizeitangebote sind hier entsprechend vielfältiger geworden und ständig kommen neue Trends und Hypes hinzu, die neue Extreme versprechen. Denn schon nach kurzer Zeit sind wir schon wieder gelangweilt. Dann müssen andere innovative Möglichkeiten den Adrenalinhunger befriedigen.
Herumbrausen mit dem Cabrio macht Spaß. Doch der Liedtext von Markus zeigt auch einen Hang zum Hedonismus. Bild: © Kar Tr, Fotolia
Digitaler Burnout
Nicht nur die ständige Erreichbarkeit durch Smartphones und soziale Netzwerke, auch das digitale Leben an sich macht unseren Alltag stressiger. Mit dem Internet wird alles ständig und überall verfügbar. Nicht selten fühlen wir uns dadurch unter Druck gesetzt. Manche haben das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn sie mal nicht online sind, andere fühlen sich durch die zahllosen digitalen Möglichkeiten einfach überfordert. Shopping rund um die Uhr übers Handy, Neuigkeiten mit Freunden am anderen Ende der Welt in Echtzeit austauschen oder neue Menschen kennenlernen – und mit einer einzigen Wischbewegung wieder Neue.
Und wir sind nur zu gerne in der virtuellen Welt unterwegs. Die Bilderbuchfotos auf Instagram zeigen unsere Umgebung einfach in einer viel schöneren Version. Und es ist viel bequemer, entspannt von zuhause aus Dinge in virtuellen Shops anzusehen, statt sich durch enge Regalreihen im Laden in der Innenstadt zu quälen.
Was bei der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung jedoch häufig auf der Strecke bleibt, ist das Erleben realer Aktivitäten. Wenn wir ständig nur noch online unterwegs sind verlieren wir uns zwischen all den Bits und Bytes ein Stück weit selbst. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen soll ausgerechnet eine App dabei helfen, unseren Smartphone-Konsum zu veranschaulichen und sich dadurch möglicherweise vor dem digitalen Burnout zu bewahren.
… und die Suche nach dem Ausgleich in der Realität
In der Gesellschaft lässt sich deshalb seit einiger Zeit ein Trend zu bewussterem Leben und Entschleunigung in der Freizeit, oder eben der Suche nach extremen Erfahrungen beobachten. Die Menschen achten wieder verstärkt auf gesunde Ernährung, wollen sich fit halten oder sich gezielt vom Stressigen Alltag erholen. Fitnessstudios und Yogakurse sprießen wie die Pilze aus dem Boden und sind in Windeseile ausgebucht.
Als Gegenpol zur virtuellen Welt wird das Spüren des eigenen Körpers für viele sehr wichtig. Dabei können uns einerseits asiatische Entspannungstechniken weiterhelfen. Manche suchen dagegen ihren Ausgleich lieber im Rausch der Geschwindigkeit, der Höhe oder durch andere Aktivitäten, die uns ganz real unter Spannung setzen.
Beim Achterbahnfahren oder beim Ausüben von Extremsportarten wird im Körper Adrenalin ausgeschüttet, ähnlich wie bei einer bedrohlichen Situation. Das Hormon versetzt unseren gesamten Organismus in Alarmbereitschaft und rüstet ihn für die folgenden Herausforderungen. Sowohl körperlich als auch geistig sind wir dann in der Lage, Höchstleistungen zu erbringen.
Zudem sorgt es dafür, dass wir uns außerordentlich lebendig fühlen. Ein erhöhter Herzschlag, geschärfte Sinneswahrnehmung – und die Atmung pumpt uns frischen Sauerstoff in die gespannten Zellen. Weitere Glückshormone wie Endorphine oder Serotonin und Dopamin kommen hinzu. Diese werden bevorzugt bei extremen Erlebnissen oder Belastungen ausgeschüttet und versetzen uns noch mehr in einen Rausch. Dieser Zustand kann manchmal auch zur Sucht werden. Denn er fühlt sich einfach unglaublich gut an.
Hintergrundbild: © WebDonut, Pixabay, CC0 Public Domain
Die Sucht nach dem Kick
Will das reale Leben mit der antrainierten Klickgeschwindigkeit mithalten, muss es sich schon ganz schön beeilen. Oder mit etwas besonders Spektakulärem aufwarten. Denn wir gewöhnen uns auch ziemlich schnell an den Nervenkitzel, den uns die verschiedensten Extremsportarten oder spektakulären Freizeitmöglichkeiten bieten. Dann muss wieder etwas Neues her.
Die Sucht nach dem Nervenkitzel lässt sich beim Extremsport oder anderen extremen Aktivitäten am besten befriedigen. Das Adrenalin, was früher bei verschiedenen Gefahren das Überleben gesichert hat, erfüllt jetzt das Verlangen und den Durst nach der intensiven Körpererfahrung.
Extremsportarten im Trend
Früher wurde schiffgeschaukelt, mit dem Schlitten über selbstgebaute Schanzen gebrettert, oder auch mal um Mitternacht ins Schwimmbad eingestiegen. Solche einstigen Nervenkitzler entlocken den heutigen Adrenalinjunkies nur noch ein müdes Gähnen. Waren verschiedene extreme Sportarten wie Alpinklettern, Raften, oder Fallschirmspringern einige Zeit nur wenigen Menschen vorbehalten, sind sie heute zur Massenunterhaltung geworden. Auch die folgenden Disziplinen erfahren heutzutage einen großen Zulauf:
- Freeclimbing
- Klippenspringen
- Apnoetauchen
- Eisklettern
- Base-Jumping
Was früher eine unerschwingliche Ausrüstung voraussetzte oder auch einfach lokal nicht verfügbar war, ist inzwischen einem breiten Publikum zugänglich. Extremsportarten sind alltäglicher geworden. In bestimmten Kreisen zählt es beinahe schon zum guten Ton, ein solches außergewöhnliches Hobby aufweisen zu können. Die verschiedensten Unternehmen haben für das Erlebnis eines ganz besonderen Adrenalinkicks die passenden Angebotspakete geschnürt. Übers Wochenende zum Canyoning in die Berge oder zum Höhlentauchen ans Meer: Die nächste Herausforderung ist wiederum mit nur einem Klick im Internet gebucht.
Extreme Outdoor-Sportarten wie Freeskiing erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Bild: © Vasily Merkushev, Fotolia
Gerade verschiedene Outdoor-Sportarten liegen im Trend. Hier verbindet sich der Endorphinrausch zusätzlich mit einem intensiven Naturerlebnis. Den Gewalten der Elemente ausgesetzt oder gegenüberstehend ähneln die selbstauferlegten Herausforderungen dann wieder ein wenig mehr den Risiken der Urzeit.
Auch in München gibt es hierzu ständig neue innovative Angebote. Wurden bislang in den Hallen der Studios Gewichte gestemmt und Kalorien verbrannt, zieht es die naturliebenden Fitnessjünger nun zum Workout nach draußen. Bei speziellen Bootcamps oder auch in Münchens erstem Outdoor-Gym kann inmitten der Natur trainiert werden. Auf dem jährlichen Outdoor Sportfestival werden die neuesten spannenden Disziplinen vorgestellt. Dieses Mal fanden in diesem Rahmen die Globetrotter World Slackline Masters auf dem Königsplatz statt.
Das Spiel mit dem Risiko
Ein ganz anderer Marketingzweig steckt hinter dem Nervenkitzel beim Glücksspiel. Auch hier sind in den letzten Jahren unzählige neue Angebote entstanden. Neben den traditionellen Casinos finden sich inzwischen an jeder Ecke Spielhallen oder Wettbüros. Auch in der Bayerischen Hauptstadt gibt es über 220 Stück dieser Läden. Vor allem im Bahnhofsviertel ist die Konzentration sehr hoch. Seit Juli 2017 gilt nach einer fünfjährigen Übergangsfrist ein neues Gesetz, um dem enormen Anstieg Einhalt zu gebieten. So müssen künftig beispielsweise mindestens 250 Meter Abstand zwischen einzelnen Spielhallen liegen. Andernfalls droht der Entzug der Konzession.
Grundsätzlich hat in Deutschland der Staat alleiniges Vorrecht, wenn es um das Thema Glücksspiel geht. Dieses Monopol erlaubt ihm beispielsweise, wie viele und welche Angebote es gibt und wer darüber hinaus eine Lizenz erhält. Details sind im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags festgehalten. Dadurch sollen vor allem die Rechte der Verbraucher geschützt, und Spielsucht eingedämmt werden. Allerdings existieren zum Teil unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Dies macht es sowohl für die Verbraucher als auch für die Anbieter komplizierter. Auch bei lokalen Lotterien oder Wettbüros sind überregionale Kunden zu verzeichnen. |
Der Adrenalinkick beim Glücksspiel lockt viele Menschen an die Roulettetische oder in Casinos und Wettbüros. Bild: © fotomek, Fotolia
Dennoch dienen die Lizenzen als wichtiger Anhaltspunkt. Nur bei diesen Casinos oder Spielhallen ist sichergestellt, dass das Glücksspiel nach fairen Regeln abläuft und die Auszahlung eines Gewinns auch tatsächlich erfolgt. Die Regelungen gelten auch für Online-Casinos. Dennoch ist hier ebenfalls eine Zunahme zu beobachten. Und nicht immer ist es klar ersichtlich, ob es sich dabei um ein legales Angebot handelt. Dennoch sind die Verbraucher haftbar, wenn sie sich auf ein illegales Unternehmen, womöglich aus dem Ausland einlassen.
Der Boom der Branche zeigt, dass auch hier das Spiel mit dem Risiko viele Menschen anlockt. Das mögliche Versprechen eines großen Gewinns sorgt ebenfalls dafür, dass bei uns Adrenalin ausgeschüttet wird. Mit relativ kleinem Einsatz zum Millionär zu werden, dieser Traum befeuert den Nervenkitzel. Zur Hoffnung, zu gewinnen, gesellt sich die Angst, zu verlieren. Auch diese Gefühlsachterbahn während des Spielens sorgt dafür, dass wir uns lebendig fühlen. Die blinkende und bunte Welt der Casinos tut ihr Übriges dazu um das Erlebnis zu einem ganz besonderen zu machen.
Freizeitparks in harter Konkurrenz
Auch die Freizeitparks befinden sich heute in einem harten Konkurrenzkampf. Große und neue Attraktionen locken die meisten Menschen an. Und dies sind in erster Linie spektakuläre Achterbahnen oder andere Fahrgeschäfte, die den ersehnten Adrenalinkick versprechen. So gut wie alle großen Parks in Deutschland haben auch für die Saison 2017 wieder aufgerüstet:
- Skyline Park, Bayern: „Sky Dragster! – Motorrad-Achterbahn mit innovativem Antrieb
- Freizeit-Land Geiselwind, Bayern: „Extrem“ – Propeller-Fahrgeschäft mit bis zu 110 km/h
- Erlebnispark Tripsdrill, Baden-Württemberg: „Höhenflug“ – Interaktive Flug-Attraktion mit Überschlag
- Europa-Park, Baden-Württemberg: „Voletarium“ – Flugsimulator vor großer Leinwand
- Hansa-Park, Schleswig-Holstein: „Kärnapulten“ – Interaktive Flug-Attraktion mit Überschlag
Vor allem mit Hilfe von technischen Neuerungen oder innovativen Antriebsmöglichkeiten sorgen die Spezialfirmen dafür, dass es den Parkbesuchern nicht langweilig wird. Beim neuen „Sky-Dragster“ im Skyline Park in Rammingen beispielsweise kann die Strecke auf der Achterbahn erstmals auf motorradähnlichen Gefährten sitzend zurückgelegt werden. Dabei können die Fahrgäste die Geschwindigkeit selbst regulieren.
Höher, schneller, weiter – das gilt auch für die Fahrgeschäfte in den Freizeitparks. Ständig neue innovative Attraktionen sichern einen steten Besucherstrom. Bild: © pixelfreund, Fotolia
Sorgen die Parkbetreiber nicht regelmäßig für neue Kicks, müssen sie darum fürchten, Kunden zu verlieren. Denn gerade die spektakulären Fahrgeschäfte sind die größten Besuchermagnete. Dabei sind über die Jahre aus Märchenparks umfangreiche Freizeitcenter und regelrechte Vergnügungsmaschinen geworden. Längst kann mehr als nur ein Tag dort verbracht werden, um alle Attraktionen kennenzulernen. Um die hohen Investitionskosten für neue Anlagen stemmen zu können, müssen die Besucherzahlen zwangsläufig stimmen. Auch deshalb setzen die Parks auf immer neue Sensationen und Extreme.
Erlebnisse am anderen Ende der Welt
Neben den zahlreichen regionalen Angeboten ist es mittlerweile einfach geworden, seinem Adrenalinbedarf an weiter entlegenen Zielen zu frönen. Auf der Suche nach dem nächsten ultimativen Kick scheint kein Weg zu weit. Unter dem Schlagwort Extrem- oder Abenteuertourismus steckt eine Branche, die vor allem in den letzten Jahren enorm an Zuwachs gewonnen hat.
Statt faulenzen am Strand oder Kultur in historischen Städten suchen viele ganz gezielt im Urlaub nach dem nächsten Spektakel. Der Kick wird dabei verbunden mit der ganz besonderen Exotik der Feriendestination. Mit dem Einbaum über den Amazonas paddeln oder Tauchen mit Haien in der Südsee – die Extremtrips haben dabei vor allem bei jüngerem Publikum die meisten Anhänger. Die Hamburger Stiftung für Zukunftsforschung fand bei einer Umfrage heraus, dass bereits rund zehn Prozent der Bevölkerung auf diese Weise ihren Urlaub verbringen.
Auf dem Mount Everest ist es inzwischen eng geworden. Bei gutem Wetter kommt es heutzutage immer wieder zu Staus durch die vielen Abenteuertouristen, die sich mit Hilfe der Sherpas auf den Berg bugsieren lassen. Nichts Besonderes mehr also. Da müssen neue extreme Erlebnisse her. Ein Tiefseetauchgang vielleicht, oder eine Reise zum Mond?
Adrenalinkick im Urlaub: Der Abenteuer- und Extremtourismus bietet spektakuläre Erlebnisse vor wunderschöner Kulisse. Bild: © Orlando Florin Rosu, Fotolia
Die Vermarktung von Erlebnissen
Die Zeit der realen Abenteuer ist vorbei. Die Welt ist entdeckt, wir können heute beinahe mühelos bis in die entlegensten Winkel reisen und das Ganze meist noch in Form eines Pauschalangebots im Internet buchen. Im Alltag werden wir nicht mehr von wilden Tieren bedroht und Nahrung steht uns im Überfluss zur Verfügung. Selbst um die Zubereitung müssen wir uns nicht mehr zwangsläufig selber kümmern und das Feuer am Grill ist auch nicht mehr das, was es einmal war.
Doch eine ganze Branche springt hier in die Lücke und sorgt dafür, dass wir nicht auf den einen oder anderen Adrenalinkick verzichten müssen. Neben den zahlreichen Anbietern von Abenteuerreisen und spektakulären Outdoor-Erlebnissen werden auch andere Ereignisse passend inszeniert, um den Sensationshunger der Menschen zu befriedigen.
Wer sich nicht selbst direkt in Gefahr begeben möchte, findet Ablenkung oder Unterhaltung auch beim Besuch von ausgefallenen Sportveranstaltungen. Selbst beim Zusehen bei den aufsehenerregenden Darbietungen wird vielen schon ganz anders.
Die perfekte Schau sorgt hier dafür, dass wir trotz allem tief in das Geschehen eintauchen können und auch beim Mitfiebern die nötige Dosis Adrenalin abbekommen. Unternehmen wie beispielsweise Red Bull haben diese Strategie perfektioniert. Von Motocross-Freestyle Events über halsbrecherische Parkcourstrecken beim Red Bull Air Race oder dem härtesten 400-Meter-Lauf der Welt: Jede der Veranstaltungen ist bis ins Detail durchgeplant und stellt die besonderen Leistungen der Athleten ins richtige Licht. Das Erleben kollektiver Emotionen wird bei immer neuen Spektakeln in den Vordergrund gerückt. Programm ist dabei, die Athleten an ihr Limit zu bringen.
Spektakuläre Events locken sensationslüsterne Besucher. Bild: © Jose, Fotolia
Das Verkaufen von Emotionen
Gerade das Erfahren verschiedener Emotionen, das Mitfiebern und das Gruppenerlebnis macht solche Veranstaltungen so attraktiv. Auch ohne direkte Interaktionsmöglichkeiten kann am Rausch und dem Spiel mit den Gefahren teilgenommen werden. Die Events bilden dafür einen entsprechenden Rahmen und sorgen dafür, dass wir eine Zeitlang in eine andere Welt eintauchen können.
Hinter den Veranstaltungen stehen oftmals große Konzerne. Doch das Verkaufen von Produkten steht dabei nicht im Vordergrund. Ziel ist es, durch ein besonderes Erlebnis, die jeweilige Marke mit einer positiven und außergewöhnlichen Erinnerung zu verknüpfen. Die Strategie funktioniert gut. Auch wenn der Absatz von Getränkedosen im Hintergrund steht, gehört Red Bull etwa seit einiger Zeit durch seine immensen Investitionen in das Marketing durch die verschiedensten Events zum Marktführer.
Umgang mit Verantwortung und Risiko
Auch in München finden immer wieder Events des Unternehmens statt. Beim Red Bull Crashed Ice Spektakel im Olympiapark beispielsweise treten die besten Sportler auf Kufen bei einem Rennen über eine Cross-Eisstrecke gegeneinander an. Das Risiko der oft schwer zu kalkulierenden Gefahren tragen dabei die Athleten selbst. Nicht immer gehen die waghalsigen Abenteuer dabei gut aus. Dennoch erfreuen sich die sensationellen Inszenierungen einer immer noch wachsenden Beliebtheit.
Auch Hobbysportler übernehmen sich immer wieder beim Ausüben der gefährlichen Disziplinen. Trotzdem die Möglichkeiten sich vor Verletzungen zu schützen stetig besser werden, nehmen die Unfälle zu. Viele Adrenalinjunkies gehen dabei dennoch sehr verantwortungsvoll mit ihrer Gesundheit um. Sie halten sich extrem fit und trainieren für besondere Belastungen lange Zeit im Voraus. So lässt sich das Risiko eines Unfalls minimieren, jedoch nicht endgültig ausschließen.
Doch dies gehört zum Kick dazu. No risk, no fun lautet die Devise. Leichtfertig setze dabei jedoch niemand sein Leben aufs Spiel, so Robert Gugutzer, Professor für Sportsoziologie von der Universität in Frankfurt. Es handelt sich immer um eine Gratwanderung, zwischen Gefahr und Kontrolle.
Das kalkulierte Risiko setzt Stress- und Glückshormone frei und sorgt für den gewünschten Kick. Bild: © Visions-AD, Fotolia
Ausblick
Als Guy Debord 1967 sein Buch „Die Gesellschaft des Spektakels“ veröffentlichte, hatte er noch keine Ahnung davon, in welcher Weise die modernen Medien unsere Gesellschaft verändern würden. Auch er hatte bereits vorausgesagt, dass sich die Gesellschaft in Richtung der Sensationslust und Freude am Spektakel entwickeln wird. Als passiver Zuschauer stumpft er jedoch ab. Nur das Erfahren realer Erlebnisse zeigt uns, was in uns steckt und vermittelt uns das Gefühl des Lebendigseins.
Die Zeit, die wir zur freien Verfügung haben, wird auch in Zukunft noch weiter zunehmen. Diese Zeit sinnvoll zu nutzen wird auch dann einen großen Stellenwert haben. Als Gegenpol zur dematerialisierten und digitalisierten Welt ist ein Ausgleich in extremen Erfahrungen dann immer noch wichtig. Durch das Fortschreiten der technischen Möglichkeiten sind Szenarien denkbar, bei denen echte Erlebnisse mit der virtuellen Realität verknüpft werden. Solange sich der Körper durch die entsprechenden Sinneseindrücke täuschen lässt, können wir auch dann noch mit dem ersehnten Adrenalinkick rechnen. Der Markt für die entsprechenden Angebote steht auch hier in den Startlöchern.