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Verschläft Bayern München die digitale Zukunft?

In Sachen Fußball macht dem FC Bayern München kaum jemand etwas vor – doch wie sieht es mit der digitalen Zukunft aus? Bild: fujipics – 109986464 / Fotolia.com

 

28 Meistertitel und mehr als ein Dutzend Siege im DFB-Pokal – die Rede kann nur von einem Fußballklub sein. Der FC Bayern München ist nicht ohne Grund der Rekordmeister und das Schwergewicht in der 1. Bundesliga. Auch für die laufende Spielzeit 2018/2019 wird dem Verein wieder Dominanz zugetraut. Kritiker halten die Bundesliga wegen den Bayern schon seit Jahren für langweilig. Der FCB ist aber mehr als ein reiner Fußballklub. Inzwischen sind die Bayern auch im Bereich Basketball und Baseball sowie beim Schach national erfolgreich. So hat die Baseball-Abteilung des FC Bayern München bereits zweimalig die Meisterschaft gewinnen können.

Eigentlich ideale Voraussetzungen, um sich auch im E-Sport – dem Markt der Gaming-Szene – zu positionieren. Mit der Basketball-Abteilung ist der deutsche Rekordmeister bereits in diesem Segment vertreten. Dass der Verein sich in diesem Bereich engagiert, ist natürlich auch den Sportmedien – wie dem eSports-Ableger des Magazins Kicker – nicht verborgen geblieben. Aber: Im Sommer hat Uli Hoeneß dem Thema eSport für die Fußball-Abteilung seines Vereins eine klare Absage erteilt. Und dessen Aussagen werfen durchaus Fragen auf. Etwa danach, ob sich der FCB damit auf lange Sicht nicht vielleicht doch ein Bein stellt.

Welche Rolle spielen E-Sports heute in Deutschland?

E-Sport, eSport oder virtueller Sport steht für eine Gamingkategorie, in der es unter anderem um:

  • Fußball
  • Tennis
  • Motorsport
  • Football oder
  • Basketball

geht. Parallel fällt in diese Rubrik aber auch etwas, was so gar nicht mit Sport zusammenpassen will – MMORPG oder Online-Ego-Shooter. Letztere dürften vor allem durch Counter Strike bekannt geworden sein.

Angestoßen wurde die Entwicklung des E-Sports bereits relativ früh nach dem Aufkommen erster Videospiele für die breite Masse. In den Siebziger Jahren und frühen Achtziger Jahren waren Videospiele noch eher etwas für echte Spielnerds. In den USA fanden allerdings bereits in den 1990er Jahren Wettbewerbe im Bereich e-Sport statt. Die Welle schwappte relativ schnell nach Asien. Südkorea gilt als Vorreiter, wenn es um den Kult rund um Pro-Gamer geht.

Mittlerweile ist der virtuelle Sport/virtuelles Gaming mit Wettbewerbscharakter ein ehe globales Phänomen, das auch in Deutschland Fuß fassen konnte. Eine der ältesten Clanligen entstand 1997 in Deutschland. Und mit SK Gaming kommt eine der etablierten Spielorganisationen mit vielen erfolgreichen Teams und Spielern aus Deutschland.

Millionengewinne: Professionelles eGaming

Was die Szene auch in Deutschland zunehmend hat wachsen lassen, ist die Entwicklung verschiedener Ligen und Turniere. Beispielhaft ist die Entwicklung rund um das Online-Spiel Dota 2. Gegeneinander treten hier zwei Teams an, in denen die einzelnen Spieler sehr klar verteilte Rollen übernehmen. Die Meisterschaft „The International“ spielt inzwischen Preisgelder in zweistelliger Millionenhöhe aus.

Für Sportspiele hat die Zusammenarbeit aus Publishern, Vereinen und Dachverbänden einen erheblichen Schub bedeutet. Hier ist der virtuelle FIFA-Cup sicher eines der besten Beispiele. Gerade für Fußballvereine ist diese Entwicklung interessant, da der E-Sports-Markt – anders als der reale Profi-Fußball – immer noch ein sehr starkes Wachstumspotenzial hat.

Zu den Vorreitern und in Deutschland etablierten E-Sports Mannschaften in Bereich Fußball gehört Schalke. Der Verein ist Bundesligist und gehört zu jenen Klubs, deren virtuelle Mannschaft unter anderem bei League of Legends, FIFA und Pro Evolution Soccer Konkurrenten „in die Suppe spucken“ will. Daneben unterhalten aber auch andere Fußballvereine, wie der VfL Wolfsburg, der FC Basel, der Hertha BSC oder Nürnberg eigene Mannschaften nur für den E-Sports-Betrieb.

Warum verweigert sich Bayern München?

Entspricht die Haltung von Uli Hoeneß in der Frage eSports den Ansichten die der Verein FC Bayern München vertritt? In erster Instanz mag dies oberflächlich betrachtet zutreffend sein. Allerdings sollte sich der Beobachter hier auf jeden Fall die Mühe machen und etwas zwischen den Zeilen lesen.

Auf der einen Seite hat sich die Causa erst entzündet, als es beim FCB um ein Konzept ging, wie in Zukunft für die Fußball-Sparte mit dem Thema umgegangen wird. Medienberichten zufolge wurde über Summen von fünf Millionen Euro gesprochen. Und es ging nicht darum, einfach nur Gamepad-Fußballer in den Verein zu holen.

Wenn die Berichte korrekt sind, wollten Befürworter ein Team aufbauen, welches League of Legends oder Dota bei den Bayern salonfähig macht. Und diese Titel haben so gar nichts mit dem runden Leder zu tun. Eventuell haben die Macher des Konzepts sich hier etwas beim FC Kopenhagen abgeschaut, dessen E-Sports Sektion auch Counter Strike spielt.

Letzteres gilt nach wie vor als umstritten. Eventuell hat sich Uli Hoeneß Kritik auch genau daran entzündet. Oder an der Tatsache, dass der angestrebte Betrag – der im Vergleich zu den Investitionen anderer Vereine bereits als hoch gilt – nur ein Anfang gewesen wäre. Letztlich könnte ein Teil der Entscheidung auch in der Sichtweise zu suchen sein, dass der FC Bayern München etwas nur von Anfang an richtig macht oder gar nicht.

E-Sports Startplätze sollen Millionen kosten

Im Frühjahr machten Berichte die Runde, denen zufolge die European League of Legends Championship Series – die höchste europäische Spielklasse für das Spiel – in Zukunft auf einem Franchise-System basieren soll.

Damit will die EU LCS eine Professionalisierung erreichen, die den Spielern zugutekommt, den Einstieg allerdings auch wesentlich teurer wird. Gemunkelt wird über mehrere Millionen Euro, welche ein Startplatz in Zukunft kosten könnte. Der Verein hat diese Aussicht vielleicht als zu hohe Einstiegsinvestition betrachtet.

Vereine und Verbände gespalten

Ein weiterer Punkt für die Absage könnte in der Sichtweise zu suchen sein, die etablierte Verbände und Vereine auf das Thema E-Sports haben. Während der DOSB sich intensiv mit dem eSports beschäftigt, vertritt der DFB – zumindest DFB-Präsident Reinhard Grindel – eine eher ablehnende Haltung.

Aber auch hier scheint die Meinung einzelner Beteiligter nicht unbedingt deckungsgleich mit der Haltung anderer Verbandsmitglieder. Anders lässt sich kaum erklären, dass der DFB mit neuen Leitlinien einen Schritt auf die Szene zugeht. Aber: Hier sieht der Fußballbund klare Präferenzen und fokussiert sich auch auf Spiele, in denen es um das runde Leder geht. Bedeutet in der Praxis, dass Spiele wie FIFA oder PES ganz klar den Vorzug erhalten.

Verschenkt Bayern München hier in Zukunft Potenzial?

Ist Ablehnung gegenüber eSports heute noch zeitgemäß? Auf diese Frage wird es keine einfache Antwort geben. Fakt ist, dass sich virtueller Sport aus der noch vor 10 Jahren besetzten Nische schon lange gelöst hat. Die Zuschauerzahlen und die Entwicklung bei den Preisgeldern sprechen eine klare Sprache.

Mittlerweile werden Turniere und Events sogar im Fernsehen – wenn vielleicht auch nicht zur besten Sendezeit – übertragen. E-Sports wird auf lange Sicht Wachstumspotenzial haben. Mit der zunehmenden Bekanntheit wächst auch das Interesse von Sponsoren an diesem Markt. Und damit werden Turniere und Pro-Karrieren lukrativer.

Es besteht also durchaus die Gefahr, bei andauernder Ablehnung den Zeitpunkt für einen Einstieg zu verpassen. Aber: Auf der anderen Seite sind gewisse Argumente, die von Vereinen oder Verbänden als Kritik am eSports vorgebracht werden, nachvollziehbar. Über kurz oder lang werden sich die Beteiligten mit dem Themenkreis auseinandersetzen müssen. Allerdings ist es in der Praxis tatsächlich schwer vorstellbar, dass Pro-Gamer in den Vereinsfarben des FCB oder eines Klubs wie Borussia Dortmund mit dem Gamepad bei einem PUBG-Event gegeneinander antreten. Insofern wird es auch weiterhin Gesprächsbedarf geben.

E-Sports-Events werden auch hierzulande immer beliebter. Bild: Innovated Captures – 180180569 / Fotolia.com

Fazit: E-Sport wird auch in Zukunft weiterwachsen

Wie geht es mit dem FC Bayern München und E-Sport weiter? Diese Frage werden sich nicht nur die Spieler des virtuellen Basketball-Ablegers stellen. Junge Vereinsmitglieder und sicher auch die Verantwortlichen im Verein werden dieses Thema nicht zum letzten Mal diskutieren. Auch wenn Uli Hoeneß seine Meinung klar und deutlich gesagt hat – komplett wird sich der Verein diesem Thema nicht verschließen können. Gerade, wenn Konkurrenten aus der Bundesliga zunehmend eigene Mannschaften aufstellen, wird sich auch der FCB fragen müssen, ob er den Zug an sich vorbeifahren lässt – oder vielleicht doch noch aufspringt.

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