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Wird die Sommerzeit abgeschafft?
Eine Stunde vor, eine Stunde zurück - für viele EU-Bürger ist die
Zeitumstellung zweimal im Jahr ein Ärgernis. Was sie bringt, ist
umstritten. Das EU-Parlament will, dass Kosten und Nutzen endgültig
geklärt werden - und wenn nötig die Umstellung abschaffen.
Straßburg (dpa) - Das EU-Parlament macht Druck im Dauerstreit um
die Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit. Die Abgeordneten
forderten am Donnerstag die EU-Kommission dazu auf, Vor- und
Nachteile der Zeitumstellung genau unter die Lupe zu nehmen und die
Regelung gegebenenfalls abzuschaffen. Ein entsprechender Antrag bekam
bei einer Abstimmung in Straßburg eine deutliche Mehrheit. "Jetzt
muss die Europäische Kommission endlich reagieren", teilte der
CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber mit. Damit stiegen die Chancen,
dass die Sommerzeitregelung zurückgenommen werde.
Seit 1980 gibt es die Sommerzeit in Deutschland, seit 1996 stellen
die Menschen in allen EU-Ländern einheitlich die Uhren am letzten
Sonntag im März eine Stunde vor und am letzten Oktober-Sonntag wieder
eine Stunde zurück. Der Nutzen ist umstritten: Laut Umweltbundesamt
knipsen die Deutschen wegen der Zeitumstellung im Sommer tatsächlich
abends weniger häufig das Licht an - im Frühjahr und Herbst jedoch
wird morgens dafür mehr geheizt. Außerdem sehen Mediziner
Gesundheitsrisiken für empfindsame Menschen.
Die FDP-Europaabgeordnete Gesine Meißner zitierte in der Debatte eine
Langzeitstudie. Demnach gebe es nach der Umstellung auf Sommerzeit
ein Viertel mehr Herzinfarkte, zwölf Prozent mehr Depressionen und 15
Prozent mehr Krankmeldungen. Von einem "Mini-Jetlag", der vor allem
Kinder und Alte treffe, sprach die Spanierin Inés Ayala Sender von
den europäischen Sozialdemokraten. Andere Abgeordneten warnten vor
mehr Verkehrsunfällen wegen Übermüdung sowie Nachteilen für Bauern,
deren Kühe nach der Umstellung zunächst weniger Milch geben. Wieder
andere sprachen von übertriebenen "Horrorszenarien".
Jedes Jahr gingen beim EU-Parlament Hunderte Petitionen gegen die
Zeitumstellung ein, sagte der tschechische Abgeordnete Pavel Svoboda
von der konservativen Europäischen Volkspartei. "Das zeigt doch, wie
dringlich das Thema ist."
Nun liegt der Ball bei der EU-Kommission. Sie prüft Forderungen nach
einer Abschaffung der Sommerzeit bereits seit längerem. Sollte sie zu
dem Schluss kommen, dass der Schaden überwiegt, könnte sie den
Mitgliedstaaten und dem Parlament einen Vorschlag zur Änderung der
entsprechenden Richtlinie unterbreiten. EU-Verkehrskommissarin
Violeta Bulc stellte am Donnerstag im Parlament bereits klar, eine
Abschaffung könne es nur europaweit geben. Bei einem Flickenteppich
mit verschiedenen Zeitregelungen drohten Probleme im Binnenmarkt.